Müll und Archäologie. Wie geht das zusammen?
Das Bild in der Archäologie ist geprägt durch Sensationsfunde, die aber wenig mit der Arbeit eines Archäologen zu tun haben. Genauso wenig tragen Filme und Bilder zu einem realistischen Bild bei, die ausschließlich den Pinsel als Werkzeug des Archäologen kennen. Bagger und Spaten sind ebenfalls archäologische Werkzeuge und wenn man Siedlungsarchäologie betreibt, so sind es manchmal nur kleinste Scherben, die sich entdecken lassen.
Natürlich träumt ein jeder Archäologe davon, einen Goldfund zu machen. Aber Archäologie ist keine Schatzsuche, auch wenn sich in Indiana Jones diese Meinung manifestiert hat.
Im Gegensatz zu unserer Wegwerfgesellschaft haben es sich die Menschen in vergangenen Zeiten nicht erlauben können, Dinge wegzuwerfen, die noch brauchbar waren. Und so graben Siedlungsarchäologen heute fast ausschließlich Dinge aus, die den Menschen unbrauchbar geworden waren, für die sie keine Verwendung mehr hatten.
Diese unbrauchbaren Dinge können zerscherbte Gefäße, Lebensmittelreste wie Gräten, Knochen und Muschelschalen sein.
Dieser Müll der Vergangenheit wird von den Archäologen in seinem Grabungskontext eingemessen, gezeichnet, fotografiert, beschrieben und ausgewertet. Es ist der Müll der Vergangenheit, der es der Archäologie erlaubt, Rückschlüsse auf die Lebensweise, Kultur und Gesellschaft vergangener Zeiten zu ziehen.
Um sich unserer heutigen Kultur zu nähern bzw. sie zu verstehen, kann man sich genauso mit den Artefakten beschäftigen, die heute weggeworfen werden.
Die Dinge, die sich in einem Park finden lassen, erzählen Geschichten darüber, wer sich zu welchem Zweck in dem Park aufgehalten hat und was er dort getan hat.
Ich weiß, dass wir aussehen wie ein Haufen Hampelmänner mit unseren Plastikbeuteln voller Erde. In Wirklichkeit sind wir unserer Zeit aber weit voraus. Die Archäologie ist die Disziplin der Zukunft. Jedes Mal, wenn ein alter IBM auf der Kippe landet, wird er ein Artefakt. Das ist es, was unsere Zivilisation am meisten hervorbringt: Artefakte. Wenn einmal alle Informatiker arbeitslos sein werden, haben wir noch Arbeit für Millionen von Jahren. Das ist das Gründungsparadox der Archäologie: Unsere Disziplin wird ihre Blütezeit erst am Ende der Welt erreichen. (Tom Saint-Laurent zu Noah in: Nikolski von Nicolas Dickner, Frankfurt/M. 2008, S.179)
Warum bis zum Ende der Welt warten?
Auch heute ist unsere Umwelt schon voll mit Artefakten. Sie liegen auf der Straße, man muss noch nicht einmal den Boden öffnen oder suchen, um allerhand Dinge zu finden.